Eine Partnerschaft wird volljährig
Bereits seit dem Jahr 2000 bestehen die Kontakte zwischen den Mittelstufenschulen in Limbazi (Lettland) und Babenhausen. Zunächst nahmen wir gemeinsam an einem von der Europäischen Kommission geförderten Comeniusprojekt teil. Anschließend entspann sich ein Email-Kontakt zwischen einer lettischen Klasse und einer Projektgruppe in Babenhausen.
Ein erster Besuch der lettischen Schüler in Hessen fand bereits 2001 statt – die Gäste reisten mit dem Bus an, eine 36stündige Fahrt. Aus dem Email-Kontakt heraus entstand 2005 der Wunsch, die neuen Freunde in Lettland auch zu besuchen. Von da an fand jährlich ein Schüleraustausch statt. 2006 kam der lettische Englischkurs zum Gegenbesuch in den Bachgau. Dort wurde die Idee entwickelt, die Partnerschaft unter ein besonderes Motto zu stellen.
Nach dem Vorbild des Englandpraktikums der Offenen Schule wurde ein Sprach- und Betriebspraktikum für die lettischen Deutschkurse entwickelt, das ab 2007 jährlich stattfand. Die Schüler aus Limbazi lebten dabei in deutschen Gastfamilien und arbeiteten in Babenhausener Betrieben wie Kindergärten, Geschäften, dem Tierheim, einer Bäckerei oder in der Lehrwerkstatt der Continental. Sprachgebrauch im Alltag sollte die Deutschkenntnisse verbessern, zudem waren Betriebspraktika für die Mittelstufe in Lettland unbekannt und so bot sich den Gästen eine gleich zweifach interessante Gelegenheit. Die Gegenbesuche im Baltikum standen unter dem Fokus des Kennenlernens der deutsch-lettischen Geschichte: Burgen der deutschen Ritterorden, Herrenhäuser des deutschbaltischen Adels, die alten Hansestädte wie die Hauptstadt Riga aber auch Überreste und Gedenkorte aus der jüngeren Geschichte standen auf der Besuchsliste, die neben dem Kennenlernen von Land und Leuten den Kern des Gegenbesuchs bildete. Gerade die Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts bot viele interessante Einblicke, egal ob es sich um einen sowjetischen Atombunker, das Gefängnis der lokalen Geheimpolizei aus der Sowjetzeit oder das Museum zur deutschen und russischen Okkupation Lettlands handelte. Besonders eindrucksvoll war dabei die Begegnung mit einer Zeitzeugin der „singenden Revolution“ von 1991, welche die deutschen Schüler im Okkupationsmuseum in Riga zufällig trafen.
Die sinkende Zahl der deutschlernenden Schüler in Limbazi führte 2018 dazu, dass das Projekt für ein Jahr pausierte. Ein Austauschtreffen im September 2019 sollte zur Volljährigkeit der Schulfreundschaft neue Wege suchen, da die bisherige Projektidee nicht mehr weiter zu verfolgen war.
Getragen wird die Schulpartnerschaft von Mara Lapina (Limbazi) und Andreas Murmann (Babenhausen) und vor allem von den beteiligten Schülern und Gastfamilien. Manche der neuen Freundschaften haben über Jahre hinweg Bestand und werden noch immer gepflegt. Für die beteiligten Lehrer ist das ein wichtiges Zeichen für die Bedeutung dieser Partnerschaft.